Nur noch Stille by Conny Lüscher

Nur noch Stille by Conny Lüscher

Autor:Conny Lüscher [Lüscher, Conny]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Psychothriller, Thriller, Horror, Schweiz, Fuerteventura
ISBN: 9783905802511
Herausgeber: www.boderverlag.ch
veröffentlicht: 2015-04-18T16:00:00+00:00


Fegefeuer

Sarah war fort, aber dem Baby würde kein Leid geschehen.

Kirstin wusste das mit derselben absoluten Sicherheit, mit der sie wusste, dass sie nun starb.

Sie lag auf dem Bett, in dem vor ein paar Minuten noch ihre schlafende Tochter gelegen hatte, und blickte mit trüben Augen in den schwarzen Rauch, der das Zimmer verdunkelte. Der beißende Brandgeruch trieb ihr die Tränen in die Augen, aber das nahm sie kaum wahr. Die Vorhänge flatterten, als sich die Flammen an ihnen hinauf Richtung Decke fraßen. Ein schwelender Fetzen aus Stoff schwebte zu ihr auf das Bett wie ein schwarzer Schmetterling. Kirstin fragte sich, ob seine Glut ausreichen würde, das Kissen, auf dem sie lag, in Brand zu setzen.

Aber das spielte keine Rolle mehr. Sie würde hier nicht bei lebendigem Leib verbrennen.

Die Messerstiche in ihrer Brust würden dafür sorgen.

Kirstin versuchte zu atmen, aber das ging nicht. Ihre Lider flatterten und ihre Augäpfel verdrehten sich nach oben. Auf die Decke über ihrem Bett hatte der Ruß bizarre Muster gemalt. Im Schein des Feuers wirkten sie lebendig. Sie tanzten vor Kirstins Augen und formten sich zu neuen Figuren und Bildern.

Das dort sah aus wie der Teddybär, den sie als Kind mit sich herumgeschleppt hatte, bis die Nähte platzten und die Füllung hervorquoll. Und dort kniete ein Mann. Das war Florian, ihre erste große Liebe, und er hielt etwas in seinen Händen. Was sollte das sein? Sie blinzelte heftig und die Rußflecken an der Decke wurden zu einem Schattentheater.

Es war Florian und er hielt eine Kamera vor seiner Brust! Damit hatte er sie immer und immer wieder fotografiert. Kirstin hatte damals von einer Karriere als Fotomodell geträumt. Und sie hatte wirklich gut ausgesehen. Mit ihren langen Beinen, die ihr als Kind jede Menge Hänseleien eingebracht hatten – Storch im Salat war noch das Netteste gewesen –, und mit ihren strahlenden Augen machte sie ihre Mitschüler nervös und zog die Blicke der Männer auf sich.

Kirstin war besessen von ihrem Traum, sie wollte den Erfolg um jeden Preis, und sie würde ihn bekommen. Egal, was die anderen sagten.

Florian machte unendlich viele Fotos von ihr. Obwohl er von ihren Plänen nicht begeistert war, hätte er einfach alles für sie getan. Gemeinsam sortierten sie die Bilder aus.

„Das hier! Das ist super!“, rief Kristin.

Ihre Wangen brannten vor Aufregung. Auf dem Foto trug sie einen winzigen Bikini. Und erst der Ausdruck in ihrem Gesicht! Sie konnte sich nicht mehr erinnern, an was sie gedacht hatte, als Florian auf den Auslöser gedrückt hatte. Aber dieses Foto war ein einziges Versprechen!

„Nein, sicher nicht.“ Florian zog missbilligend die Augenbrauen zusammen.

„Was! Bist du verrückt? Das ist das beste Bild, das du je von mir gemacht hast!“ Kirstin konnte es nicht fassen.

„Viel zu nuttig!“, knurrte er und legte das Foto zur Seite.

Kirstin verkniff sich ein Grinsen. Nun war sie sich sicher, dieses Bild war einfach der Hammer. Als Florian nicht aufpasste, griff sie danach und ließ es in ihre Handtasche gleiten.

Schließlich hatten sie ihre gemeinsame Auswahl getroffen. Kirstin steckte die Fotos in ein Kuvert und küsste Florian flüchtig auf die Wange.



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